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Botticelli

An Stelle einer Photographie von Odette stellte er auf seinem Arbeitstisch eine Reproduktion der Tocher Jethros auf. Er bwunderte die großen Augen, das zarte Gesicht, das auf die Unvollkommenheit der Haut schließen ließ, das Haar, das in herrlichen Locken an den müden Wangen niederhing, und indem er das, was er bislang im rein ästhetischen Sinne schön gefunden hatte, auf die Vorstellung von einer lebenden Frau übertrug, machte er körperliche Vorzüge daraus, die er sich beglückwünschte in einem Wesen vereinigt zu finden, das er besitzen konnte. Aus der unbestimmten Sympathie, die uns vor ein Meisterwerk führt, das wir betrachten können, wurde nun, da er das fleischgewordene Original der Tochter Jethros kannte, ein Besitzverlangen, wie es Odette in ihrer nur körperlichen Erscheinung ihm zunächst nicht hatte einflößen können. Wenn er den Botticelli lange genug betrachtet hatte, dachte er an ’seinen‘ Botticelli, den er noch schöner fand; er zog die Photographie der Sephora näher an sich heran und glaubt, Odette ans Herz zu drücken.

Marcel Proust, In Swanns Welt