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Abfall

Foto von Wolfgang Mennel

Ausgangspunkt eben war ein bekanntes Foto von Foucault, das mir in den Sinn kam, wo er an einem großen, fast wohnzimmerartigen Schreibtisch sitzt, Papiere und Bücher vor sich und neben sich, und UMGEBEN von lauter Büchern, die Wände hinter ihm; Regale von oben bis unten, voll, lauter Bücher. Daß DAS die Position der Rede der Wissenschaft wäre: aus der Fülle alles bisher gesagten sprechen.

Eine Notiz vom 15.4.98 aus dem Buch von Rainald Goetz: „Abfall für alle“. Ein einjähriger Schreibzwang: alles aufschreiben, und alles ist aufschreibenswert. Aber, wer alles aufschriebe, dem bliebe keine Zeit zum Leben. Aus der Art der Produktion dieser Texte resultiert die Qualifizierung als Abfall. Aber das ist natürlich bloß kokett, solange alles zwischen zwei Suhrkamp-Buchdeckel gepresst wird. Gewiss ist das Literatur. Schnell und schmutzig. Da war Instagram noch nicht erfunden und social media ein Tier mit 11 Buchstaben.
Wir schätzen den Abfall nicht gering, weder den buchstäblichen noch den echten. Jeder Papierkorb ist ein Buch, in dem es einen Text zur Lage der Gesellschaft zu lesen gibt. Täglich neu und duftend.


Foto: © Michael Schreiner, Archäologie der Gegenwart, 2023
Text: © Rainald Goetz, Abfall für alle